
Interview. Stefan Babsch, Vorsitzender der Geschäftsführung bei STRABAG Property and Facility Services in Österreich sowie Direktionsleiter STRABAG PFS International, über die neuen Anforderungen an ein nachhaltiges Gebäudemanagement
Inwiefern wirkt sich die Corona-Krise auf die Tätigkeiten des Facility Managements im Bereich Industrie- und Bürogebäude aus?
Stefan Babsch: Der Grad der Auswirkungen durch Covid-19 hängt stark von den Branchen ab, in denen wir unsere Services erbringen. Generell lässt sich sagen, dass technische und kaufmännische FM- Leistungen weniger stark betroffen sind als infrastrukturelle Leistungen. Und was die Branchen angeht: Hier sind Gesundheitswesen sowie Banken und Versicherungen weniger betroffen als beispielsweise Handel, Touristik und Industrie.
Nun steht die Frage nach dem „New Normal“ im Raum: Wie stellen sich die mittelfristigen Auswirkungen dar?
Facility Management ist und bleibt eine unverzichtbare Dienstleistung für Immobilien und deren gesamten Lebenszyklus. Mit einem Umsatz von über 18 Milliarden Euro und über 200.000 Beschäftigten in Österreich stellt die FM-Branche einen sehr wichtigen Wirtschaftszweig dar.
Wie haben sich generell in den vergangenen Jahren die Anforderungen an FM-Services verändert?
Die Anforderungen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, sowohl in Bezug auf Qualität, Transparenz und Professionalität. Wurden vor einigen Jahren noch überwiegend konkrete Einzelleistungen nachgefragt, nimmt die Nachfrage nach externen Dienstleistern nicht nur generell zu, sondern auch die Nachfrage nach konzeptioneller Bewirtschaftung mit
digitalisierten Serviceprodukten. Ein Trend in Richtung gebündelter Vergabe von IFM und TFM Leistungen ist ebenfalls zu erkennen.
Was macht einen besonders guten FM-Dienstleister aus? Wie unterscheidet sich hier die gute von der weniger guten Qualität?
Qualität ist messbar. Für mein Verständnis ist es die Erbringung der vereinbarten Serviceleistungen zum vereinbarten Zeitpunkt. Darüber hinaus spielt die Qualifikation des Personals eine große Rolle, und ein transparentes Berichtswesen ist ebenfalls von großer Bedeutung. Gerade in den vergangenen zwölf Monaten wurde die Qualität unserer FM-Dienstleistungen sichtbar, mussten doch in sehr kurzer Zeit strenge Vorkehrungen für den Infektionsschutz getroffen und die durchgehende Funktionsfähigkeit und Betreuung der bewirtschafteten Gebäude gewährleistet werden. Hier hat sich die partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Auftraggeberinnen und Auftraggebern bewährt.
Welche Rolle spielt FM in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz?
Das Facility Management kann hierbei einen großen Beitrag leisten. Die Nutzung und der Betrieb von Gebäuden machen rund 30 Prozent aller CO2-Emissionen aus. Und hier ist ein nachhaltiges und verantwortliches FM ein nicht zu unterschätzender Stellhebel.
Als moderne Dienstleisterin können wir nicht nur mit einem effektiven Energiemanagement unterstützen, sondern auch mit Konzepten, die Hygiene und Nachhaltigkeit intelligent verbinden. Selbst kleinere Maßnahmen, wie z B. Mülltrennung und der Einsatz umweltfreundlicher Produkte, können einen großen Beitrag leisten. Nachhaltigkeit in der Immobilienbewirtschaftung ist jedoch nicht nur ein Betreiberthema, sondern liegt auch in der Verantwortung der Errichter und Bestandshalter.
Welche Trends und Herausforderungen zeichnen sich hier ab?
Mit dem European Green Deal sind die Vorgaben an die Reduktion an CO2-Emissionen klar definiert. Der Beitrag, den eine nachhaltige Gebäudebewirtschaftung leisten kann, liegt auf der Hand. Daneben sind jedoch auch weitere Themen wie der Fachkräftemangel und die Digitalisierung die bestimmen den Themen der FM-Branche.
Was kann man in Österreich im FM-Bereich von anderen Ländern noch lernen – wo ist man in Österreich eher hinten nach, wo wiederum Vorreiter?
In Österreich werden größtenteils Facility Services ausgeschrieben, sprich: Die Vergabe von einzelnen Gewerken steht im Vordergrund. Deutschland ist hier schon einen Schritt weiter und vergibt Facility Management Aufträge, sprich: eine gebündelte Vergabe von mehreren Leistungen. Auch bei der Vergabe von kaufmännischen Leistungen sind die heimischen Unternehmen im Vergleich zu anderen Ländern noch sehr zurückhaltend. Eine zunehmende Bereitschaft, Leistungen auszulagern, ist jedoch erkennbar. Die Zunahme an länderübergreifenden FM-Ausschreibungen der letzten Jahre hat gezeigt, dass die internationalen Qualitätsstandards teilweise niedriger sind als dies in Österreich der Fall ist. Daran sollten sich zukünftig Auftraggeber und Auftragnehmer in Österreich orientieren. Gelingt dies, wird die FM-Branche nicht nur in ihrer Bedeutung hinsichtlich des Themas Nachhaltigkeit in den Fokus rücken, sondern auch als Arbeitgeberin an Stellenwert gewinnen.
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2021_02_24_Kurier (print) Die Nachfrage nach konzeptioneller Bewirtschaftung steigt.pdf
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